MOOSELER

Hei, ich bin der Mooseler.

 

Ich trete selbstbewusst auf, wie man sieht. Ich kann es mir leisten, mein Geweih aus dem Dickicht zu strecken, ich habe die Flinte. Seit 2009 durchstreife ich bereits das Werk von Salla Kuhmo und habe noch keinen Kratzer abbekommen. Besser noch: Ich gehe unter die Haut, mich gibt es nämlich sogar als Tätowierung. Damit stehe ich dem chicen „Swoosh“ in eigentlich nichts nach.


Mehr noch: Ich bin voller schillernder Mehrdeutigkeit. Man könnte mir nachsagen, dass ich polarisiere, schließlich markiere ich einen Widerspruch an sich. Aber dass ich Beutetier und Jäger in einer Gestalt bin, macht mir nicht zu schaffen. Meine Identität ist gefestigt. Und mal ehrlich: Eine Medaille, die keine zwei Seiten hat, die hat doch das echte Problem.

 

 Außerdem bin ich ein Zeichen. Wir sind eher exzentrisch veranlagt, in dem Sinne, dass wir auf etwas anderes verweisen, als nur auf uns selbst. Als gejagter Jäger bin ich nämlich ein Sinnbild für den Zwischenraum, das Sowohl-als-auch oder etwas nihilistischer das Weder-noch. Ersteres liegt heute mehr im Trend. Logisch, wenn Du alles haben kannst, warum solltest Du dann nichts wollen? Und da wären wir schon bei meinem zweiten Signifikat, der Jagd nach Trophäen, nach Dingen also, die man eigentlich nicht braucht, die einen aber irgendwie gut dastehen lassen. Ich liebe ja den Wald, aber in der Stadt kann man sowas heutzutage besser beobachten. Man nennt das auch Konsum. Die Werbung ist der Lockstoff. Und so kommt es, dass die ganzen Trend- und Schnäppchenjäger verzweifelt unerreichbaren Idealen hinterherjagen, die sie gar nicht erlegen können. Es ist, als würde man sein Leben darauf verwenden, sich ein Einhorn übers Bett zu hängen, um vor den anderen gut dazustehen. Ihr seht, eigentlich sind wir alle doch gejagte Jäger. Für Städter ist das Konsumieren aber mittlerweile fast zu einfach. Die sichte ich derzeit öfter in meinem Habitat beim Waldbaden, während sie ihr inneres Einhorn hinterm Ohr kraulen. Die Sehnsucht treibt schon tolle Blüten.

 

Wenn ich genau darüber nachdenke, habe ich auch noch eine dritte Seite. Ich bin ein Sinnbild der künstlerischen Arbeitsweise meiner Künstlerin. Die Elemente, aus denen ich bestehe, kommen aus ganz unterschiedlichen Kontexten und wurden von Salla Kuhmo gewissermaßen recycelt und in ganz neuen Sinnzusammenhängen wieder zusammengefügt, kontextuelles Recycling eben, aus Alt mach Neu. Danke Salla, dafür, das schont meine (und deine) geistige Heimat, den Wald.

 

 

Text: Vivien Sigmund, Februar 2021